Prämien für Leistung oder für Unterlassung?

Diesen Monat gibt es keine Prämie
Diesen Monat: Keine Prämie

Boni und Prämien richtig einsetzen

Endlich lohnt sich Leistung“ behauptet Focus Money und bietet direkt ein Beispiel für die Wirkung eines variablen Vergütungssystems:

Unfallfreies Fahren zahlt sich für die rund 80 Mitarbeiterinnen der häuslichen Kranken- und Seniorenpflege Rehbein in Wiesbaden aus. Wer die Pflegetouren ohne Kratzer und Beulen absolviert, erhält am Monatsende zusätzlich zum fixen Gehalt einen Benzingutschein von 40 Euro, Teilzeitkräfte sind mit 20 Euro dabei. […] Die Schadensquote liegt heute bei 50 Prozent. Vor Einführung des Systems betrug sie 250 Prozent

Performance-Sprünge mit Incentives

Solche Verbesserungen sind schöne und einprägsame Aufmacher für einen Artikel. Aber für Unternehmensberatungen, die variable Vergütungssysteme gestalten und einführen, gehören solche Veränderungen zum Tagesgeschäft.

In einem Unternehmen der Touristik haben wir 2009 den Verkauf von Zusatzdienstleistungen incentiviert, deren Umsätze zwischen 2005 und 2008 stets um etwa 100 K Euro herumgedümpelt waren.

Unmittelbare Vertriebssteuerung

„Das ist viel zu wenig!“ hatte der Vertriebsleiter auf jeder Vertriebstagung gemahnt und aufgezeigt, dass selbst mit geringen Umsätzen bei den Zusatzdienstleistungen höhere Erträge zu erzielen seien als mit der vom Kunden gebuchten Hauptleistung. „Wir bieten alle Zusatzdienstleistungen ja aktiv an. Aber die Kunden wollen diese Leistungen nicht!“ war die einhellige Antwort der Expedienten.

Die Meinung der Kunden muss zum gleichen Zeitpunkt, als eine Prämie für jede verkaufte Zusatzleistung ausgelobt wurde, ganz gehörig umgeschlagen sein: Im Jahr der Incentivierung (2009) verachtundzwanzigfachte sich der Umsatz an zusätzlichen Dienstleistungen und erreichte 2.800 K Euro.

Prämien für Fahrpersonal

Zurück zum Beispiel „Vermeiden von Unfällen“. Das ist ein wichtiger Anreiz! Wir schlagen diesen nahezu standardmäßig bei der Gestaltung von variablen Vergütungssystemen für Fahrpersonal vor. Denn die Prämie rechnet sich, keine Frage: Der Arbeitgeber senkt die gesamten KFZ-Kosten um den Teil, der für vermeidbare Unfälle und Schäden anfällt.

Zusatzentgelt für das Vermeiden von Unfällen?

Die Mitarbeiter erhalten dafür bis zu 480 Euro netto p. a. zusätzlich. Und da sitzt der Hase im Pfeffer: Müssen Arbeitgeber wirklich ein Entgelt dafür zusätzlich auszahlen, damit wenigstens die vermeidbaren Schäden an den Fahrzeugen unterbleiben? Müssen Arbeitgeber wirklich tolerieren, dass fahrlässige oder vorsätzliche Schädigungen des Unternehmenseigentums erst dann unterbleiben, wenn man dafür einen Geldbetrag extra locker macht?

Weitere Zusatzentgelte für weitere Unterlassungen?

Wir werden keinem Klienten raten, Zusatzentgelte dafür auszuloben, dass etwa solche Verhaltensweisen unterlassen werden:

  • Verursachen von unnötigen Kosten
  • Schädigen und Zerstören von Material und Geschäftsausstattung
  • geschäftsschädigend unfreundliches Verhalten gegenüber Kunden
  • Diebstähle und andere dolose Handlungen
  • Vandalismus in Umkleiden, Toiletten und anderen Sozialräumen
  • „krank feiern“
  • usf.

Zusatzentgelt an Leistung orientieren!

Denn das hat mit erfolgs- oder leistungsabhängiger Vergütung im Sinne einer Win-Win-Situation nichts zu tun. Wer solche Prämien dennoch auslobt, weil er die Ergebnisse realisieren möchte, läuft Gefahr, am Ende für jedes Nicht-Fehlverhalten eine weitere Prämie springen lassen zu müssen.

Ein Dilemma. Aber es gibt eine Lösung in Form einer intelligenten Verbindung von solchen Verhaltens-Selbstverständlichkeiten mit einer wirklich erfolgs- oder leistungsabhängigen Vergütung. Die einfachste Form einer solchen Kombination ist die so genannte Wenn-Dann-Verknüpfung.

Die Wenn-Dann-Verknüpfung

Hierbei wird die Höhe der auszuzahlenden Vergütung, der Kern des Systems, an einen wirklichen Zugewinn oder an eine Leistungssteigerung geknüpft. Das könnte im Beispiel die Qualität der Pflege sein, die Zufriedenheit der Kunden oder die erledigten Pflegetätigkeiten pro Tag. Vor dem Erhalt der Vergütung für derartige Leistungen stehen aber bestimmte Voraussetzungen, die „Wenns“. Das kann Beulenfreiheit sein, aber auch andere Verhaltensweisen, die in den Bereich der Selbstverständlichkeiten fallen.

Typische Voraussetzungen sind Sauberkeit am Arbeitsplatz, Ordnung, gepflegtes Auftreten oder Kundenzufriedenheit. Im Vertrieb kann hierunter das Erstellen von Besuchsreports fallen, in der Fertigung geringer Ausschuss, bei Azubis das rechtzeitige Abgeben der Berichtshefte oder – allgemein – ausreichend geringe Fehlzeiten. Die Funktionsweise der Wenn-Dann-Verknüpfung ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: Nur wenn die Wenns erfüllt werden, besteht die Chance, durch Leistung an die variable Vergütung zu kommen.

Wenn Voraussetzungen nicht erfüllt sind, dann entfällt die variable Vergütung

Das Resultat ist ein Doppel-Effekt. So werden die Wenns in höchstem Maße beachtet und die Leistungsziele ebenso. Eine durch Leistung erzielte Vergütung möchte kein Mitarbeiter wegen einer Beule am Firmenwagen gefährden! Somit vermeiden wir mit der Kombination zum einen, für als selbstverständlich anzusehende Verhaltensweisen Zusatzentgelte ausschütten zu müssen. Zum anderen realisieren wir ein weiteres Plus: Wir geben den Mitarbeitern unserer Klienten zugleich Anreize für ergebniswirksame Leistungssteigerungen.

Links:

Buchtipp: Gunther Wolf: Variable Vergütung – Genial einfach Unternehmen steuern, Führungskräfte entlasten und Mitarbeiter motivieren. 2. Auflage. Hamburg: Dashöfer Verlag 2009.

Wenn Sie sich mit einem Experten über diese Thematik austauschen möchten, nehmen Sie bitte einfach Kontakt zu uns auf.

25 Gedanken zu „Prämien für Leistung oder für Unterlassung?“

  1. Die Wenn-Dann-Verbindung ist eine wirklich gute Idee! Das geht auch etwa in der Fertigung: Aufgeräumte Werkbank, Kisten an markierter Stelle, sauberes Werkzeug, Pünktlichkeit… Das werde ich einsetzen!

    • Guten Tag Herr Begunda,

      vielen Dank für Ihr Feedback! Die Wenn-Dann-Verbindung empfiehlt sich bei allen Leistungen, die nicht selbst prämienwürdig sind. Eher also Selbstverständlichkeiten bzw. „eigentlich“ als selbstverständlich anzusehende Verhaltensweisen. Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsnormen können hierzu zählen.

      Wichtig ist jedoch: Die Liste der Ziele und Leistungen muss insgesamt dem Kriterium genügen, erfüllbar zu sein. Wenn Sie sich dessen nicht sicher sind und die Regelung etwas weicher gestalten wollen, helfen Punktesysteme oder ähnliche Regelungen. Die einfachste, beispielhaft, wäre „8 von den 10 Kriterien müssen erfüllt sein“.

      Beste Grüße

      Das WOLF Team

  2. Hallo!? Was soll die Wenn-Dann-Strafe? Wenn ich durch viel Leistung sich eine super Prämie erarbeitet habe, soll die im Nachhinein wegfallen, weil mein Chef meint, dass ich meinen Schreibtisch nicht aufgeräumt hat!? Das ist doch extrem sinnfrei. Mein Chef würde mir allein aus Geiz jeden Monat die Prämie weghauen.

    • Guten Tag Alfons,

      vielen Dank für Ihr Feedback!

      Zentraler Sinn der variablen Vergütung ist der Anreiz, die Motivation. Die Wenn-Dann-Verknüpfung darf keine Strafe sein und auch keine Hintertür, um die variable Vergütung streichen zu können. Das wäre doch überhaupt nicht motivierend!

      Wie würden Sie reagieren, wenn Ihr Vorgesetzter tatsächlich grundlos die Prämie streicht? Sicher nicht mit höherer Leistung in der nächsten Periode.

      Wenn eine Führungskraft die Wenn-Dann-Verknüpfung derart missbrauchen würde, dann läge sicher nicht nur im Bezug auf die Prämie einiges im Argen.

      Beste Grüße

      Das WOLF Team

  3. Die Wenn-Dann-Verbindung ist der zentrale Punkt. Eine gute, einfache und nachvollziehbare Methode, Kompliment an Sie. Und Dankeschön für den Tipp!

    • Guten Tag Frau Weber,

      vielen Dank für Ihr Feedback! Wir freuen uns, wenn Sie unsere Tipps zur Optimierung Ihrer variablen Vergütungssysteme gebrauchen können.

      Beste Grüße

      Das WOLF Team

  4. Sehr interessanter Artikel. Ich bin auf der Suche nach einer Unternehmensberatung im Raum Niedersachsen/Kassel die das Thema Umstellung auf variable Vergütung bedient. Leider bin ich bisher nicht wirklich fündig geworden. Könne Sie mir eventuell jmd empfehlen?

    besten dank

    • Guten Tag Herr Pätzmann,

      vielen Dank für Ihr Feedback! Wir empfehlen am liebsten uns und unsere Experten. Wollen wir einmal telefonieren, um Ziele, Umfang und Zielgruppe grob vorzubesprechen? → [Kontakt]

      Beste Grüße

      Das WOLF Team

  5. Sehr geehrte Damen und Herren,

    zunächst mein Kompliment für diesen Artikel und für die ebenso einfache wie sehr geniale Idee.

    Sie schreiben: „Die Wenn-Dann-Verbindung empfiehlt sich bei allen Leistungen, die nicht selbst prämienwürdig sind. Eher also Selbstverständlichkeiten bzw. “eigentlich” als selbstverständlich anzusehende Verhaltensweisen.“

    Ich habe lange über diesen Satz nachgedacht. Mir würde folgender besser gefallen: „Die Wenn-Dann-Verbindung empfiehlt sich bei allen Leistungen, die schon im Grundgehalt enthalten sind.“

    Im Prinzip kann die gesamte Aufgabenliste der aktuellen Stellenbeschreibung in die Wenn´s. Wer diese nicht erfüllt hat, darf doch bittschön nicht in ein Töpfle für Zusatzentgelt greifen wollen. Wenn´s sind doch Voraussetzungen für leistungsorientierte Vergütung on top, sie sind die Voraussetzungen für Leistung on top.

    Ihre Meinung und Ihre Erfahrung, bitte.

    Grüß Gott

    Joachim B.

    PS: Warum muss ich meine Mailadresse angeben, um hier einen Beitrag ablegen zu können?

    • Guten Tag Joachim B.,

      vielen Dank für Ihr Feedback!

      Die Wenn-Dann-Verbindung empfiehlt sich bei allen Leistungen, die schon im Grundgehalt enthalten sind.

      Stimmt genau.

      Im Prinzip kann die gesamte Aufgabenliste der aktuellen Stellenbeschreibung in die Wenn´s.

      Stimmt auch. Praktisch kommen Sie mit dieser Herangehensweise jedoch zu weiteren Aufgabenstellungen für das Design des variablen Vergütungssystems: Da die leistungsorientierte Vergütung sich zumindest teilweise ebenfalls auf Leistungen richtet, die in der Stellenbeschreibung enthalten sind, müssen qualitative und quantitative Grenzen zwischen „vom Grundgehalt abgedeckt“ und „prämienwürdig“ definiert werden. Zum anderen sind „Leistungen“ wie etwa das unfallfreie Autofahren oder Fehlzeiten eher selten in der Stellenbeschreibung zu finden.

      Die Gestaltung des variablen Vergütungssystems in Ihrem Unternehmen scheint Sie auch am Wochenende zu beschäftigen. Sind Sie derzeit mit strategischen Vorüberlegungen befasst? Wenn ja, sollten wir vielleicht kurz telefonieren → [Kontakt].

      Beste Grüße

      Das WOLF Team

      PS: Wir nutzen gemäß des KISS-Prinzips WordPress als CMS. Die Angabe der Email-Adresse ist bei WordPress obligatorisch, um den bei WordPress angemeldeten Usern die Möglichkeit zu geben, ohne erneute Anmeldung Beiträge posten zu können. Wir nutzen die angegebenen Adressen nicht und geben Sie auch nicht weiter.

  6. Ich hätte heute nicht mehr mit einer Antwort gerechnet… Bei uns wird auch Sonntags gearbeitet und ich bin nicht selten auch am Wochenende im Betrieb. Sind Sie etwa heute erreichbar!?

  7. Sie haben Recht: Die „Unterlassungen“ (siehe Titel) sind nicht in der Stellenbeschreibung zu finden. Es ist gegen meine Natur, mir diese im Vorfeld zu überlegen. Und was ich nicht explizit als Unterlassung definiere, gilt dann nicht!?

  8. Bin nicht sicher, ob das so klappt. Wenn dann mal die Werkbank nicht aufgeräumt ist, ist der Bonus direkt ganz weg? Das ist nicht fair. Was soll denn der betreffende Mitarbeiter tun?

  9. Der Ansatz, für Selbstverständlichkeiten keine Prämien auszugeben, aber sie als Voraussetzungen einzubinden, gefällt mir gut!

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